Während der letzten Monate hat es einige Anfragen von verschiedenen Zeitungsverlagen an den Sprecher der Bürgerinitiative TIERRECHT EU21, Volker Arndt, gegeben. Hieraus entwickelten sich Anfang des Jahres 2022 mehrere Publikationen.
Wie es üblich ist, wurden die eingesandten Textvorschläge teils stark gekürzt. Damit nichts verloren geht, werden hier, neben den Presse-Ausschnitten, auch die Originaltexte der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.
Die jeweiligen Antworten auf die Fragen der einzelnen Redaktionen erfolgen mit Verweis auf die Initialen des Bürgerinitiativesprechers, wie sie an die Verlage gerichtet worden waren.
VA, Sprecher der Bürgerinitiative:
Vornweg muss die Begrifflichkeit im Sinne der BI Tierrecht EU21 (für ein besseres Verständnis) erläutert werden: Wir versuchen, das Wort „vegan“ zu vermeiden, weil es nicht unmittelbar das wiedergibt, was es - unserer Meinung nach - leisten sollte. Manche glauben nämlich, es drehe sich hierbei um eine Schlankheitskur, manche denken, es reduziere sich auf besondere Essgewohnheiten, im Speziellen von Fleischersatzprodukten (usw.) - die Wenigsten verbinden „vegan“ mit „Tierrecht“.
Tatsächlich benutzen auch wir – hin und wieder - „vegan“ und „Veganismus“, weil es sich inzwischen etabliert hat, aber primär müsste der Begriff „tierfrei“ (im Sinne von „Tierleid-frei“) ausnahmslos bei den entsprechenden Produkten Verwendung finden. Bei der Ernährung sprechen wir gern auch von (rein) pflanzlicher Kost.
Die Bezeichnung „Tierwohl“ lehnen wir durchweg ab, da es sich hier um eine künstliche Wortspielerei der Tierausbeuterindustrie handelt, um sowohl Augenwischerei zu betreiben als auch um eine Selbstlüge (zur vermeintlichen Gewissensberuhigung) zu forcieren.
Die sehr geläufige Bezeichnung „Tierschutz“ trifft für die Ausrichtung unserer BI ebenso in keiner Weise zu. Hierbei handelt es sich um die Zustimmung zur Tierausbeutung, -verwendung und einer legalisierten Tierqual bis zur Ermordung des Tieres mit dem (heuchlerischen) Wunsch, dass es dem Opfer doch möglichst gut gehen soll. Selbst ein „kleingeistiger Mensch“ und sogar kleine Kinder erkennen sofort den darin augenscheinlichen Widerspruch.
Für uns stehen Tiere, ungeachtet ihrer äußeren Erscheinung, als gleichberechtigte Wesen im Vordergrund, wobei wir uns darum bemühen, aus den Augen des leidtragenden Individuums die Wirklichkeit zu beschreiben, um jedwede unmoralischen Zustände zu verifizieren.
Frage der Redaktion:
Die BI Tierrecht EU21 hatte das Ziel Missstände beim Tierschutz aufzudecken und Tierrechte einzufordern. Beziehend darauf, was würden Sie als den größten Erfolg bzw. Erfolge der BI bezeichnen?
Antwort von VA:
Wir betreiben keinen Leistungssport. Ein definiertes erreichbares Ziel und Erfolge sind für uns keine Option. Ein Manko, um Mitglieder zu gewinnen, da Menschen erfolgsorientiert agieren möchten.
Tatsächlich sehen wir uns vor allem als Teil einer Entwicklung, die allerdings (leider) nur langsam voranschreitet.
Die Bürgerinitiative, so kann man sagen, ist unentwegt aktiv. Bspw. wurden eine Vielzahl an Schreiben an die Bundesregierung und an das EU-Parlament gerichtet, aber auch an die Regierungschefs anderer Länder.
So reagierten wir auf einen Beschluss des Bundeskabinets, auf Druck der EU strengere Tierschutzrichtlinien anzustreben. Da ging es unter anderem um die betäubungslose Ferkelkastration, gegen die wir uns ausgesprochen hatten. Wir übten Kritik an den Ausnahmeregelungen für die Benutzung von Menschenaffen in Tierversuchen. Des weiteren machten wir uns bei der EU und der Bundesregierung dafür stark, Auftritte in Zirkusmanegen für jegliche Tierarten per Verordnung zu untersagen.
Mit mehreren „Offenen Briefen“ wandten wir uns früh an die Lebensmittelbrache und an sämtliche großen Handelsketten, um das Angebot an rein pflanzlichen Lebensmitteln stark zu erweitern, zu fördern und deutlich zu kennzeichnen mit dem Ziel des Konsumverzichts aller Produkte, bei deren Herstellung Tierleid hervorgerufen wird. Unsere Forderung bezog hierin mit ein: Alternativen zu Lederwaren und zu Waren mit sonstigen Tierhäuten und -fellen (wie z. B. Bekleidungsstücke), Alternativen zu Produkten, die mit Vogelfedern gefüllt sind (wie z. B. Kopfkissen, Bettdecke, Wintermantel), Alternativen zu Erzeugnissen, in denen Tierhaare verarbeitet wurden (wie z. B. Besen, Handfeger, Haarbürste) usw. prinzipiell anzubieten. Die verbraucherorientierte Kennzeichnungspflicht von jedem einzelnen Artikel, in dem Tierleid steckt, stand dabei von Anfang an für uns außer Frage.
Öffentlichkeitswirksam äußerte sich unsere BI aber auch zu Themen wie bspw. dem sogenannten „Hundeführerschein“ und fragte, wie es um die Halter von Großkatzen, Alligatoren, Kobras, Frettchen, Warzenschweinen, Tigernattern und Kaimanen bis hin zu „beißwütigen“ Affen bestellt sei, um deutlich zu machen, wo die Tierliebe in deutschen (sowie in EU-Haushalten) ihre Grenzen haben sollte.
Die Bürgerinitiative verlangte, dass die Fakten auf den Tisch der Welt gelegt werden sollen, um Ideen zur Verbesserung der Lebensqualität von Mensch und Tier zu entwickeln. Dabei ging es uns auch um den Schutz der Umwelt (Natur, Klima etc. selbstredend miteingeschlossen), um das Ende der Kinderarbeit weltweit, den viel zu niedrigen Löhnen für Arbeiter und dergleichen. Nicht Profit soll im Vordergrund stehen, sondern die moralische Verpflichtung, sich allen Lebewesen gegenüber fair zu verhalten. Dabei prangerte die Bürgerinitiative jegliche Verantwortungs- und Mutlosigkeit der Regierenden der Länder in Anbetracht der durch die weltweite Tierausbeutung gequälten Tieren an und machte dies vielfach öffentlich.
Seit Anbeginn kämpfen wir EU-weit für die totale Abschaffung der Stierkämpfe. Dabei werde das UNESCO-Übereinkommen, „Kulturformen zu erhalten, die von menschlichem Wissen und Können getragen werden“, maßlos missbraucht. Als „schützenswertes Kulturgut“ deklarierte die UNESCO bspw. das mongolische Naadamm-Festival, bei dem grausame Pferderennen zur Hauptattraktion zählen, die belgische Heilig-Blut-Prozession, auch Blutritt genannt, ebenfalls mit Reitern ausgeführt, den schweizerischen Eierlauf „Eierleset“ sowie die französische Esskultur mit Gänsestopfleber und gebratenen Froschschenkeln, das „Volksfest Gansabhauet“, bei welchem eine Gans an einem Draht aufgehängt wird und zumeist Heranwachsende versuchen, mit verbundenen Augen der Gans durch Säbelhieb den Kopf vom Rumpf zu trennen; des weiteren tauchen „Viehzucht und Kuhkämpfe im Wallis“, der„Chitwan“, wo alljährlich Nashörner, Tiger und Elefanten „erlegt“ werden, aber auch Falknerei in Südeuropa (etc.) in den Kulturerbe-Listen auf. Weil dies alles kaum in der öffentlichen Berichterstattung auftaucht, widmet sich unsere BI auch solchen Angelegenheit.
Die BI Tierrecht EU21 favorisiert eine Direkte Demokratie. Die Bürgerinnen und Bürger sollen mitbestimmen dürfen in Sachen Tierhaltung, Tiertransporte und dem Zur-Schau-Stellen von Tieren, um nur einige Themenschwerpunkte zu benennen.
Beim Bundesinnenministerium stellten wir ganz offiziell den Antrag auf Volksabstimmung mit der Frage „Befürworten Sie eine Einschränkung der Tierquälerei, indem zukünftig Forschung in Deutschland nur tierversuchsfrei zulässig ist?“ Dazu ist unter Mitwirkung von Juristen eine sehr umfangreiche, sechsseitige Begründung von unserer BI erstellt worden, die vom Ministerium des Innern in Berlin entgegengenommen wurde. Unsere Bürgerinitiative vertritt dabei die Meinung, dass es keines gesonderten Ausführungsgesetzes bedürfe, um die Durchführung eines bundesweiten Volksentscheides zu genehmigen. Schlussfolgernd daraus, dass eben das deutsche Grundgesetz bundesweite Volksbefragungen und -abstimmungen unter keinen Gesetzesvorbehalt stellt, hätte der Bundesinnenminister die Genehmigung nolens volens erteilen müssen – was er jedoch (bis heute) nicht tat, obwohl nach Artikel 20, Absatz 2 des Grundgesetzes dem deutschen Volk das Grundrecht zustehe, dass alle Staatsgewalt von ihm ausgehe, und zumal – bis dato - in den EU-Ländern Spanien, Frankreich und Niederlande bereits Volksabstimmungen durchgeführt worden waren.
Jedes einzelne Tier bei sogenannten Tierversuchen leidet für sich. So gesehen, lässt sich die Größe von Leid und Tod nicht in Zahlen ausdrücken in Hinsicht auf die Statistiken, die lediglich empathiefrei Mengen listen. Jedem einzelnen Tier in seiner Eigenschaft als gleichberechtigter Erdbewohner muss das Recht auf Leben zugestanden werden.
Der Volksentscheid-Antrag unserer Bürgerinitiative war zudem die Grundlage für den 21-Punkte-Katalog, den sämtliche im Bundestag vertretenen Parteien und der Bundespräsidenten zugestellt bekam, und den elf Bürgerparteien der Bundesrepublik bei einem Symposium (in den Räumen des Frankfurter Presseclubs) unterzeichnet hatten.
Damit sprachen wir uns ebenfalls für die konsequente Unterbindung von Lobbyismus, welcher der Tierausbeutung dient und für den Ausbau des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes aus.
Mit dem Antrag auf tierversuchsfreie Forschung (per Volksabstimmung für ein Gesetz) war die BI Tierrecht EU21 zehn Jahre der Zeit voraus, denn am 30. November 2021 lautete die Überschrift einer Pressemitteilung der Bundesregierung: „Forschen ohne Tierleid“. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft treibe seit vielen Jahren die Entwicklung und Erforschung von Alternativmethoden zu Tierversuchen voran, heißt es darin, und das Zitat der Bundesministerin lautet: "Forschen ohne Tierleid – das ist unser Ziel. Wo immer möglich, muss auf Tierversuche verzichtet werden.“ Die Bundesregierung sagt also heute, es „muss auf Tierversuche verzichtet werden“! Ist das nicht erstaunlich? Vor zehn Jahren hat sich dies noch ganz anders angehört.
Welch „schöne Worte“ auch immer gesprochen und geschrieben wurden, die Realität blieb eine andere, für die Opfer weiterhin schlimme.
Darum kritisierten wir seit Anbeginn unseres Bestehens in vielen Stellungnahmen die halbherzigen odeer ausbleibenden Tierschutzreformen der Regierung.
Daneben erklärten wir uns als Teil der weltweiten „Meatout-Bewegung“.
Um das Leid der Wildtiere, aber auch das von Haustieren durch übermäßig-erzeugten Lärm in den Fokus zu rücken, demonstrierte die BI mehrfach gegen Fluglärm und setzt sich seitdem vehement für ein striktes Nachtflugverbot ein.
Wir kommentieren regelmäßig Dokumentationen, in denen Tierleid zum Ausdruck oder – im anderen Fall – zu kurz kommt.
In der Öffentlichkeit trat die BI außerdem häufig in Erscheinung. So waren wir mehrmals Teil der „Anti-Pelz-Demo“ in Frankfurt, klärten interessierte Passanten deutschlandweit mit eigenen Infoständen in Großstädten auf, darüber hinaus in Tierheimen und Tier-Gnadenhöfen, bspw. bei deren Festivitäten, hielten umfangreiche Vorträge zu Tierrecht (u. a. bei Greenpeace und im Hessischen Landtag), waren mit bedeutsamen Ständen bei Großveranstaltungen mehrtägig vertreten (wie z. B. bei „Open-Ohr“ in Mainz, „Vegan-Street-Day“ in Stuttgart, „Wutzdog“ in Riedstadt u. v. m.), und wir empfahlen eine tiefgreifende Ausbildung in Kindergärten und Schulen zur Umwelt und zum Zusammenleben mit Tieren bis hin zu tierfreien Speiseangeboten in den genannten Einrichtungen. Von Anbeginn an unterstützten Mitglieder unserer BI mit ihrer Teilnahme die regelmäßige Mahnwache vor dem Tierversuchslabor des Max-Planck-Instituts in Frankfurt. Die BI war außerdem Teil der Großdemonstration gegen Zoophilie in Köln.
Wir schlossen uns unzähligen Tierrecht-Petitionen an, unterzeichneten die Anschreiben an EU-Politiker, um das Verständnis für das immense Tierleid zu stärken, bspw. mit einem Brief an den Minister für Umwelt- und Tierschutz in Russland.
Unsere BI rief des weiteren zu einer Demo „Gegen das Töten von Hunden in Rumänien“ vorm Generalkonsulat Rumäniens in Bonn auf, dem viele folgten, nachdem die massenhafte Tötung von Straßenhunden durch das rumänische Verfassungsgericht ratifiziert worden war. Eine Delegation von zehn Personen von Tierrecht EU21 übergab schließlich dem Botschafter Rumäniens ein von uns verfasstes Protestschreiben, das wir an den Staatspräsidenten des EU-Staates gerichtet hatten.
Andere Protestschreiben, z. B. gegen die Verwendung von lebenden Tieren während einer Kunst-Performance, gingen – im Laufe der Zeit - an den Präsidenten von Frankreich oder z. B. gegen den Missbrauch öffentlicher Flächen in Räumen des EU-Parlaments, um Pelzfirmen Werbeausstellungen zu betreiben, in diesem Fall an den damaligen EU-Präsidenten Martin Schulz (u. v. m.). Nicht immer waren deren Antworten die für uns wünschenswerten, aber wir sind sicher, zu mancher Überlegung Anstoß gegeben und somit einige („Tierrecht-“)Steine ins Rollen gebracht zu haben.
Abgesandte unserer BI nahmen an Vorlesungen und Weiterbildungsmöglichkeiten teil, wie bspw. in Heidelberg bei Prof. Dr. Dr. Ursula Wolf zur Tierethik und in Frankfurt bei Prof. Dr. Christian Müller zu Tierrecht an Schulen und Universitäten – in manchen Fällen entstanden so langfristige Kontakte aufgrund der gleichgesinnten Denkausrichtung.
Als eine der wenigen Tierrecht-Bürgerinitiativen überhaupt konnten wir erfolgreich die Debatte um die Moral befeuern, die insbesondere sogenannten „Nutztieren“ kaum Raum einräumt. Unser Credo lautet: Wenn wir, also die Menschheit, es schaffen würden, uns als Tierheit zu begreifen, um dann vernünftigerweise Lebenserhalt vor Spaßgesellschaftsallüren zu setzen, wäre allen geholfen. Wenn unsere BI und ähnlich-agierende Organisationen nicht für ein besseres Leben unserer Mitgeschöpfe eintreten würden, wer sonst würde etwas an den Missständen ändern wollen, respektive können? Indem wir uns als Menschen und Teil der Gesellschaft zeigen, das Bessere vorleben und das Schlechte anprangern, können wir gewissermaßen als soziokultureller Katalysator die Veränderung einer sittlichen Herleitung des Tierrechts beschleunigen. Wir halten an der Überzeugung fest, dass sich die Welt in der wir uns gegenwärtig wahrnehmen und die Gesetzeslage, die wir selbst zu modifizieren haben, in die Richtung zu verbessertem Tierrecht verändern wird mit der starken Zuversicht, dass Tierrecht EU21 das Vermögen hat, an jenem Prozess entscheidend mitzuwirken.
Frage der Redaktion:
In welchem Bereich hätten Sie sich mit der BI mehr Erfolg gewünscht?
Antwort von VA:
Anstatt einer immer mehr weichgespülten Gesetzeslage wenn es um das Schicksal von Tieren geht, hätten wir von der Bürgerinitiative uns im Laufe der vergangenen zehn Jahre couragiertere Schritte aus den Reihen der politisch Verantwortlichen gewünscht. Der Lobbyismus in Deutschland sowie EU-weit zeigt sich rein pro Tierausbeutung, weil sich das große Geld auf der Seite derjenigen befindet, die als „Nutznießer durch das Versklaven von Tieren“ bezeichnet werden können. Dazu kommt, dass unsere Konsumgesellschaft fast nur noch nach – lebenslang manipuliertem - „Kaufen und Konsumieren“ strebt, währenddessen jegliche Moral, insbesondere auch solche, die unsere Mitlebewesen miteinbezieht, beinahe vollends auf der Strecke bleibt. Dadurch werden die Menschen umso unempfänglicher für die Wirklichkeit, die das Leid und die unsäglichen Qualen, denen Tiere ausgesetzt sind, beinhaltet.
Frage der Redaktion:
Welche Ziele hat die BI in den kommenden 10 Jahren?
Antwort von VA:
Ziele manifestieren sich für uns durch die jeweilige Ausgangslage, auch in politischer Hinsicht. Sollte die BI personell wachsen, steigen ihre Möglichkeiten.
Seit über einem Jahr herrscht aufgrund der coronabedingten Restriktionen Stillstand für Straßenaktionen, was wir sehr bedauern. Da unsere Organisation momentan die Entwicklung der weiteren weltweiten Virusgefahr nicht vorhersehen kann, und mehrere für die letzten Monate angedachten Kampagnen nicht durchgeführt werden durften, sind wir mit unserer Planung aktuell sehr zurückhaltend. Auf der Warteliste stehen u. a. die beiden Großveranstaltungen Motorradsternfahrt quer durch Frankfurt mit dem Slogan 'Biker für Tiere' und ein großes Benefizkonzert 'Hilfe für Tiere' mit namhaften Musikern.
Ungeachtet dessen werden wir natürlich unsere bisherige Arbeit fortführen und den Finger in die Wunde legen, wo immer sich eine auftut.
Frage der Redaktion:
In Deutschland leben fast 34,9 Millionen Haustiere, die von ihren Besitzern oft sehr liebevoll umsorgt werden, gleichzeitig sterben in Deutschland rund 783 Millionen Tiere oft qualvoll durch die Massentierhaltung (auch dank großer Nachfrage). Können Sie diese Diskripanz zwischen Tierliebe und Billig-Fleischkonsum erklären?
Antwort von VA:
Dieses ist kein singuläres Phänomen, leider jedoch wird es oft den Tierliebhabern vorgeworfen. Bei unseren Infoständen, Mahnwachen und Kundgebungen schreien uns hin und wieder Passanten entgegen „Kümmert euch erst einmal um die Kinder bevor ihr den Tiergebrauch kritisiert!“ - obwohl das Eine das Andere nicht ausschließt. Beleuchtet man derlei Vorwürfe, wird deutlich, dass damit vom eignen Verschulden abgelenkt werden soll. Menschen sind keinesfalls per se mitleidige Wesen, sondern - aus rein egoistischen Gründen - selektieren sie nicht selten. Wenn während eines Krieges – z. B. - die Eltern ihre Kinder liebkosen, empfinden sie womöglich gleichzeitig Hass auf die des Feindes und wünschen diesen Tod und Verderben herbei.
Bedeutungsvoll halte ich die Erkenntnis, dass im Grunde genommen kein Lebewesen der Verführung widerstehen kann, wenn diese die ursprünglichen Triebe anspricht, nur nur bei der Ernährung. Von einer wahrgenommenen universellen Macht, wie sie Großkonzerne längst besitzen, um die Menschheit zu beherrschen, wird auch jeder einzelne von uns zunächst konditioniert und darauffolgend lebenslänglich beharrlich indoktriniert. Das ganze System wirkt so hart und undurchdringlich wie Stahlbeton, Das kleinste Aufbegehren dagegen wird von den Machthabern im Keim erstickt.
Folglich muss man diese Methode verstehen: Dass nämlich Tierfleisch auf den Tellern landet, ist nicht unbedingt die Folge einer Nachfrage, sondern vielmehr die des Angebots! Wer nur mal eine Broschüre der verschiedenen Discounter aufschlägt, blickt auf seitenweise Fleischangebote. Die Essgewohnheiten sind auch beileibe kein Relikt unserer Tradition, sondern Folge einer zielgerichteten Manipulation der Verbraucher durch die „Fleischproduzenten“. Und da der Fleischkonsument nicht unmittelbar mit der Tierhaltung und -tötung in Verbindung steht, blendet er diese Grausamkeiten aus, was übrigens mit allem anderen, wo Kritik am Verhalten der Verbraucher angebracht wäre, haargenau gleichzusetzen ist; nehmen wir nur einmal die Verseuchung der ganzen Natur mit Plastik, welches fast jeder völlig unbedacht tagtäglich verwendet. Kurzum: Zwischen der Haustierliebe und dem Verbrauch an Fleisch besteht de facto kein griffiger Zusammenhang.
Angesichts dessen, dass einem das Unrecht, das den Tieren permanent und in jeglicher Form angetan wird, Tränen in die Augen treibt, kann einem die „Gedankenlosigkeit“ der Mitmenschen schon auch „die Zornesröte das Gesicht verfärben“.
Frage der Redaktion:
Glauben Sie, dass die vegane Ernährungsweise (bislang rund 2 Prozent) irgendwann in Deutschland eine breitere gesellschaftliche Akzeptanz bekommt? Was müsste ihrer Ansicht dafür getan werden?
Antwort von VA:
Ich hoffe sehr, dass die gesamte weltweite Tierausbeutung in den Fokus von Überlegungen rücken wird, die schließlich zum Ändern des Handelns führen, ergo auch die pflanzliche Ernährungsweise und die ausschließliche Verwendung tierfreier Produkte mit sich bringen sollte.
Die bereits begonnene Entwicklung zu einer veränderten Moral lässt sich nicht mehr aufhalten. Die konservativ Handelnden werden eines Tages „aussterben“, aber der Prozess kann sich noch über viele Generationen hinwegziehen.
Ob es sich überhaupt beschleunigen lässt, ist nicht sicher. Was die Tierrechtler antreibt, ist zumeist die Hoffnung, die losgetretene Tendenz selbst mitankurbeln zu können. Die Hardliner stattdessen, die am Althergebrachten festhalten und dabei – sprichwörtlich - über Leichen gehen, haben in der heutigen Gesellschaft noch eine enorme Macht, die von vielen unterschätzt wird. Dennoch: alles ist eine Frage von Zeit.
Dass weiterhin Millionen Tiere leiden und sterben müssen, weil die Menschheit rücksichtslos weiterlebt wie bisher, ist für den Homo sapiens der Jetztzeit einfach nur beschämend.
Frage der Redaktion:
Was ist Ihrer Meinung nach nötig, damit der Tierschutz eine noch gewichtigere Rolle in der Gesellschaft einimmt?
Antwort von VA:
Tierschutz in der Praxis hat sich längst etabliert. Viele Menschen sind diesbezüglich engagiert, was durchaus eine Art Vorbild-Charakter in sich trägt, wenngleich es mir nicht selten so vorkommt, als wollten sich Tierschützer in ein positiveres Licht setzen als ihnen aus dem Blickwinkel eines Tierrechtlers eigentlich zustünde.
Um den allgemeinen Tierschutz auszubauen, scheint es mir notwendig, neue und stärkere Allianzen zu bilden als es in der Vergangenheit geschehen ist. Die Verbände dürfen nicht gegeneinander, sondern müssen miteinander für ein höheres Ziel eintreten – weniger Vereinsmeierei, dafür eine druck- und kraftvollere Ausrichtung auf die Legislative der Länder.
Werden daraufhin in der Politik neue Wege beschritten, d. h. Tieren mehr Rechte zugestanden als bis jetzt, verändert dies automatisch auch die Gesamtgesellschaft. Im Moment aber hakt es da an allen Ecken und Enden.
Frage der Redaktion:
Was hat Sie dazu bewogen, sich so engangiert für den Tierschutz einzusetzen / Gab es diesbezüglich Schlüsselerlebnisse?
Antwort von VA:
Seit meiner Pubertät setze ich mich kritisch mit meinem Umfeld auseinander und hinterfrage skeptisch alles und jeden. Gewiss trugen Erlebnisse mit Tieren aus meiner Kindheit dazu bei, die Lebensgewohnheiten „Andersartiger“ mehr zu respektieren. Die beiden Bücher „Die Ehrfurcht vor dem Leben“ von dem Ethikphilosophen Albert Schweitzer sowie „Endzeit für Tiere - ein Aufruf zu ihrer Befreiung“ von Sina Walden, einer promovierten Juristin und Tierrechtsaktivistin plus Gisela Bulla, die langjährige Bundesvorsitzende der Tierschutzpartei, brachten mir schließlich die Gewissheit, die korrekte Ausrichtung für mein Leben gefunden zu haben, indem ich mich gegen das Unrecht in der Welt einsetze.
Frage der Redaktion:
Welche dringenden gesetzlichen Tierschutz-Änderungen halten Sie persönlich für wichtig?
Antwort von VA:
Eine Art Priorisierung hege ich nicht. Man könnte stattdessen die Überlegung anstellen, welche Stellschraube sich leichter bewegen ließe im Vergleich zu allen übrigen.
Wesentlich erscheint mir, das Lügengeflecht der Tierausbeuter in Gänze bloßzustellen, um jenen, die sich noch im „Dornröschenschlaf“ befinden, die Augen zu öffnen.
Zum anderen ist nicht allein die Gesetzeslage das Alles-Entscheidende, sondern vielmehr die Verhinderung der Ausnahmeregelungen. Das Deutsche Tierschutzgesetz, übrigens von 1972 (!), welches auf dem Reichstierschutzgesetz von 1933 fußt und mittlerweile verfassungsrechtlich auf dem Staatsziel Tierschutz nach Artikel 20a des Grundgesetzes beruht, offenbart bereits zu Anfang seines ersten Abschnitts den alles entscheidenden Grundsatz „...aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.“ Da denkt man doch zunächst, und vielleicht auch ein bisschen naiv, das sollte für die Tiere ausreichen – die Realität aber ist das genaue Gegenteil. Sprich: Wir müssen bei der „Realität“ beginnen und diese radikal abwandeln, ansonsten bleibt alles beim Alten.
Frage der Redaktion:
Wenn sich junge Menschen im Tierschutz engagieren wollen – was raten Sie ihnen, wie sie es am besten anfangen sollen?
Antwort von VA:
Es beginnt damit, sich Gedanken um die Realisierung einer lebenswerten Zukunft unserer Mitlebewesen zu machen. Daraus folgt, nach Wegen für die Umsetzung zu streben. Dieses kann individuell und recht verschieden erfolgen je nach Charakter und Ambitionen der jeweiligen Person. Den meisten Jugendlichen hilft es, sich einer Gruppe anzuschließen, die das gleiche Ziel verfolgt. Wichtig in diesem Zusammenhang halte ich, bei jüngeren Menschen die traumhafte Euphorie, die ich häufig beobachte, gegen eine lebensnahe Einschätzung zu tauschen, um zwangsläufige Enttäuschungen nicht in einer völligen Resignation enden zu lassen.
Die Welt, wie sie heute ist, lässt sich nunmal nicht an einem Tag komplett verändern, aber sie lässt sich verändern, und diese Erkenntnis sollte die Grundsatzmotivation dauerhaft stabilisieren.
Stärke liegt stets in einer Gemeinschaft, deren Mitglieder ihr Einverständnis für das Miteinander nicht in Frage stellen. [Eine der Maxime der Bürgerinitiative Tierrecht EU21].
Ergänzend die aktuelle Pressmitteilung des Sprechers der BI:
Bürgerinitiative „Tierrecht EU21“ feiert ihr zehnjähriges Bestehen
Insgesamt 43 Personen waren am 28. Dezember 2011 dem Ruf des ehemaligen Tierschutzpartei-Landesvorsitzenden von Hessen und Ex-Vorstandsmitglied Volker Arndt nach Frankfurt am Main gefolgt, um eine Tierrecht-Bürgerinitiative ins Leben zu rufen - die erste ihrer Art.
Die Gründung der Bürgerinitiative wurde damals von allen Anwesenden einstimmig vollzogen am gleichen Ort, wo sich genau drei Jahrzehnte zuvor die Initiatoren um Joschka Fischer und Daniel Cohn-Bendit versammelt hatten, um hiernach die Partei DIE GRÜNEN, heute in der Bundesregierungsverantwortung, zu forcieren.
„Von Anbeginn an war es unser Ziel gewesen, den Missständen beim Tierschutz entgegenzuwirken und das Recht der Tiere zu fördern“, erläutert BI-Sprecher Volker Arndt. Das Namenskürzel EU21 beziehe sich dabei auf das Europa im 21. Jahrhundert.
Seit der Gründung habe sich die Mitgliederzahl kontinuierlich erhöht.
„Da Tiere kein Gesetz initiieren und somit nicht für ihr Recht eintreten können, sollen Bürgerinnen und Bürger Europas in solidarischem Gedanken jene Rolle übernehmen, verbunden als EU-Bürgerinitiative“, erklärt Arndt das Anliegen der Mitglieder.
Mithilfe vieler Kampagnen und Aktionen habe die BI bereits deutliche Akzente setzen können. Mit ihrem Antrag auf ein Volksbegehren zum Zwecke eines bundesweiten Volksentscheids an das Bundesministerium des Innern, ob zukünftig Forschung in Deutschland nur noch tierversuchsfrei als zulässig gelten solle, habe die BI für viel Wirbel in der Presse und in der Tierrechtsszene gesorgt. Der Bundesinnenminister sei sogar wegen Fristverschleppung von der BI angemahnt sowie eine Verfassungsbeschwerde gegen ihn in den Raum gestellt worden.
Des weiteren habe die BI große Veranstaltungen realisiert, die sich unter anderem gegen das Halten von Pelztieren, gegen die Benutzung von Tieren in Zirkussen, gegen Zoophilie, gegen Industrielle Tierausbeutung und gegen die Jagd im Allgemeinen richteten. Neben vielen EU-Petitionen habe die BI mit unzähligen Infoständen bei bedeutsamen Tierrecht-Events in mehreren Bundesländern Präsenz gezeigt und sei mit Vorträgen, zum Beispiel bei Greenpeace, für das neue Tierrecht eingetreten.
„Wer sehenden Auges durchs Leben geht, dem kann das tagtägliche entsetzliche Tierleid nicht verborgen bleiben“, mahnt Arndt. Es bliebe viel zu tun, und der Wandel der Gesellschaft zu einer tiergerechteren befände sich derzeit noch in den Kinderschuhen. Um so wichtiger wäre es daher, sich mit aller Kraft einzusetzen, um die Bewegung weiter voranzutreiben, so der Sprecher der Tierschutzbürgerinitiative Tierrecht EU21, aus der mittlerweile sogar ein parallel-agierender, gleichnamiger Verein hervorgegangen ist.
VA, Sprecher der Bürgerinitiative:
Das immense Tierleid in unserer heutigen Welt ärgert mich allein schon deswegen sehr, weil es ohne große Anstrengung vermeidbar wäre.
Weit über ein Jahrzehnt schon publiziere ich regelmäßig in einem Fachmagazin, das im Rhein-Main-Gebiet vertrieben wird. In jeder Ausgabe behandele ich ein anderes Thema zu dem durch Menschen verursachten Leid der Tiere. Allein daran ist zu erkennen, wie umfangreich sich die Forderung nach Tierrecht darstellt.
Wer über sein persönliches Umfeld hinaus etwas zum Positiveren hin verändern möchte, damit irgendwann das gemeinsame Dasein von Mensch und Tier ein Stück weit gerechter wird, soll sich in entsprechenden Organisationen engagieren und/oder politisch aktiv werden.
Tierrechterfolge sind definitiv nichts Kurzfristiges.
Um die derzeit ungerechte Welt auf den Kopf zu stellen, damit sie zu einer besseren wird, braucht es einen langen Atem.
Redaktion:
Vielen Dank nochmals für die umfassenden, kritischen und anregenden Informationen, die Sie uns für einen Bericht zu Tierschutz und gegen Massentierhaltung geschickt haben wie folgt:
Seit Jahrzehnten bin ich Tierrechtler und engagiere mich über die Grenzen hinaus. Nachdem ich in der Gastronomie erste berufliche Erfolge verzeichnet hatte, meine direkten Vorfahren waren in mehreren Generationen Inhaber des Goldenen Apfels in Mörfelden, war ich aufgefordert worden, in der Fritz-Gabler-Fachschule Heidelberg ein Referat vor angehenden Fachgastronomen zu halten. Das Thema war frei wählbar. Auch aus persönlichem Interesse entschied ich mich damals, dies war im Jahr 1986, über die negativen Zustände in der Massentierhaltung einen umfangreichen Vortrag zu halten. Schon bei der Recherche war ich überrascht, welche detaillierte Beschreibungen in Büchereien vorhanden waren, wie zum Beispiel „Endzeit für Tiere - Ein Aufruf zu ihrer Befreiung“ von Sina Walden und Gisela Bulla und „Das Tierbuch“ von Eva Kroth, die eine Gegenüberstellung zwischen dem deutschen Tierschutzgesetz und der Realität der Nutztiere wagte. Besonders diese beiden Werke prägten sowohl meinen Vortrag als auch meine Lebensweise nachhaltig. Und obwohl ich keinerlei „Tierprodukte“ verwende, wirken auf mich meine Handlungen, Ernährung, Bekleidung sehr abwechslungsreich, anspruchsvoll und Freude spendend. Es wäre kein wirklich großer Schritt für alle Menschen, es mir gleichzutun, davon bin ich überzeugt.
Rund 35 Jahre liegt das beschriebene Schlüsselerlebnis inzwischen zurück. Während dieses langen Zeitraums hat sich die schreckliche Situation für die Nutztiere in keiner Weise zum Positiven hin verändert. Das macht mich traurig und wütend zugleich. Da ich mir aufgrund der Erfahrung über all die Jahre hinweg die Meinung gebildet habe, es reiche nicht aus, die Bevölkerung lediglich aufzuklären, sah ich den einzigen Weg in der Politik. Die Verbraucher wurden immer stärker von Industrie und Handel beeinflusst, so dass eine objektive und vor allem kritische Auseinandersetzung mit dem eigenen Verhalten völlig abhanden gekommen zu sein scheint. Veränderungen im Umgang mit Tieren, wenn es sich um Großkonzerne und Handelsverbünde dreht, müssen durch die Legislative vorangetrieben werden, andernfalls braucht sich niemand über eine blutige tierunwürdige Berichterstattung aus beispielsweise Schlachthöfen oder Tierversuchsanstalten zu wundern. Dass aktuell aufgrund der Corona-Pandemie Schlachtbetriebe in den Fokus gerückt wurden, hilft keinem der hilflosen Geschöpfe, die dort ihr Leben verlieren, weil Menschen von ihrem Fleischverzehr nicht ablassen.
Als parteiloser Abgeordneter des Groß-Gerauer Kreistags habe ich im Rahmen der Möglichkeiten, welche die Fraktion, die Teil der Koalition ist, mir bot, den Antrag zu einem Kreis-Tierbeirat eingereicht, dem 2017 mehrheitlich zugestimmt wurde und der sich schließlich am 16.10.2018 konstituierte. Eine von mir detailliert ausgearbeitete Satzung als Teil der Beschlussvorlage wurde im Vorfeld abgelehnt. Die von mir geforderte paritätische Besetzung, dass also der Anteil von Beiratsmitgliedern, die wegen eines Profits Tierhaltung betreiben, gegenüber Mitgliedern, die sich mit der Individualität des einzelnen Tieres und dessen Leid befassen, um für das leidtragende Lebewesen das Wort zu ergreifen, mindestens gleich sein soll, ist bis heute nicht erfolgt. In meiner Begründung im Kreistag hatte ich auf den Tierrecht-Verfassungsrang hingewiesen und dass man sich von Seiten des Kreisausschusses dazu verpflichten müsse, den Tierrechten eine besondere Beachtung zuzubilligen. Darüber hinaus bestand mein Wunsch darin, dass dieses bundesweite Pilotprojekt Schule machen würde. Doch mein Resümee fällt „eher nüchtern“ aus. Wenigstens wurde während der vergangenen beiden Jahre durch den Tierbeirat eine Resolution gegen „zu lange Tiertransporte von Rindern in Drittländern“ auf den Weg gebracht. Theoretisch ließe sich mit einem Tierbeirat jedoch sehr viel mehr erreichen als es im Kreis Groß-Gerau der Fall ist, wenn dieser nämlich nicht mehrheitlich von Kreisjägerverein, Kaninchenzüchter, Geflügelzüchter, Schweinehalter, Milchviehhalter, Geflügelhalter und Viehhändler besetzt wäre.
Allein im Kreis Groß-Gerau existieren 54 Schweinemastbetriebe mit bis zu 2.000 Schweinen, die zeitgleich in ihren Gefängnissen ein tristes Dasein führen müssen. Ein Schwein, das nach seiner Geburt eigentlich eine Lebenszeit von durchschnittlich 21 Jahren zu erwarten hätte, wird nach wenigen Monaten für die sogenannte „Fleisch-Produktion“ getötet. Übers Jahr gesehen sind es also viel mehr als die genannte Anzahl von 2.000 Tieren pro Betrieb.
In erster Linie fehlt es den Eingesperrten an Platz. Sie vegetieren dahin mit Chemikalien im Körper, damit diese die Tortur durchstehen können, denn Schweine sind sensible Wesen und daher stressanfällig, leicht können sie Herz- und Kreislauferkrankungen bekommen, wenn sie seelische Qualen ertragen, unter anderem weil sie ihrer Freiheit beraubt sind. Einem Mastschwein wurden mehr Rippenpaare angezüchtet als es die Natur vorgesehen hat, bis zu 17 anstatt den normalerweise zwölf. Für Tierrechtler eine Tierquälerei, die mit einem „moralischen Verbrechen“ gleichzusetzen ist.
Doch kaum ein Verbraucher macht sich darüber Gedanken. Sein Fleisch wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit „produziert“, und dass es sich dabei um fühlende Lebewesen handelt, soll dem Konsument nicht in den Sinn kommen.
Bis zu 10.200 Tiere lassen sich bei einzelnen der insgesamt 725 Geflügelhalter innerhalb des Landkreises Groß-Gerau finden. Bei einer solchen Zahl kann längst von einer „industrialisierten Massentierhaltung“ gesprochen werden.
Die über eine Million „Nutztiere“, die Jahr für Jahr an Orten im Kreis leben, wobei nur ein Bruchteil in den nahe-gelegenen neun EU-zugelassenen Schlachtbetrieben ihr Leben verlieren – alle anderen in Schlachthäusern außerhalb des Kreises - wurden „wehrlos gemacht“. Ohne Fürsprecher sind sie auch in Zukunft auf verlorenem Posten. Ich vertrete weiterhin die Ansicht, dass sich nur politisch etwas ändern lässt, wobei für mich keinerlei Option in einer der Waagschale in Frage kommt. Die Argumente für das lebenslange Quälen und die Ermordung von Tieren sind für mich all zu fadenscheinig und einem Mitlebewesen alles zu rauben, was es auf dieser Erde besitzt, ist für mich das Gegenteil von „moralisch vernünftig“. Mir geht es nicht um „größere Käfige“, sondern um das Unrecht. Die Menschen nehmen etwas für sich in Anspruch, das primitiver kaum sein kann: Die Macht des vermeintlich Stärkeren. Diese Haltung lehne ich kategorisch ab. Damit sich aber real etwas in die für meine Moralansprüche „richtige Richtung“ bewegen kann, benötigt es engagierte Personen in der Politik, und das fängt auf der kommunalen Ebene bereits an. Die in echt Empathie empfindenden Mitmenschen müssen ihre Stimme für die leidtragenden Tiere erheben, damit eine dringend notwendige Änderung der Gesamtgesellschaft herbeigeführt werden kann.
(Text von Volker Arndt)
Frage der Redaktion:
Antwort von VA:
Relativ zu früher mag man sagen können, dass sich der Tierschutz im Allgemeinen verbessert hat. Spezifisch betrachtet ist jedoch festzustellen, dass die Mehrheit der Menschen zu arglos handeln, insbesondere wenn Tiere die Betroffenen sind.
Man hat gesehen, wie die Nachfrage nach vermeintlichen Kuscheltieren rasant angewachsen ist, seitdem viele wegen der Pandemie mehr Zeit zuhause verbringen. Leider wird davon ausgegangen, dass nicht nur die Züchtungen expandieren, sondern auch den Tierheimen ein hoher Rücklauf nicht erspart bleiben wird.
Die Gesetzeslage, um Leid und Qual der Tiere generell zu verhindern, bleibt weiterhin lückenhaft. Hier hätte sich mehr verändern können und müssen, sowohl in Deutschland als auch EU-weit.
Frage der Redaktion:
Antwort von VA:
Die Massentierhaltungsformen treten immer mal wieder in den Fokus, wodurch sie erneut in Kritik geraten. Danach ebbt die Empörung ab, zumeist weil andere Meldungen das schreckliche Los der Nutztiere überlagern.
Dieses Phänomen ist innerhalb der Gesellschaft ebenso wie im politischen Geschehen zu beobachten und schlussendlich sehr deprimierend, wenn man auf Verbesserungen hofft.
Frage der Redaktion:
Antwort von VA:
Seit einem Jahr herrscht aufgrund der hohen coronabedingten Restriktionen Stillstand, was wir sehr bedauern. Vor mehr als zehn Jahren habe ich die Bürgerinitiative Tierrecht EU21, aus der mittlerweile ein gleichnamiger Verein hervorgegangen ist, ins Leben gerufen und seither viel erreichen können. Da unsere Organisation momentan die Entwicklung der weltweiten Virusgefahr nicht vorhersehen kann, und mehrere angedachte Kampagnen während der letzten Monate nicht durchgeführt werden durften, sind wir mit unserer Planung aktuell zurückhaltend.
Frage der Redaktion:
Antwort von VA:
Das Gesetz, ein sogenanntes Schreddern von männlichen Küken bei der „Eier- und Geflügelproduktion“ innerhalb Deutschlands zu verbieten, ist seit dem 1. Januar 2022 in Kraft getreten. Bislang wurden hierzulande jährlich 45 Millionen (gefiederte) Tierkinder grausam ermordet. Die Alternativen halte ich allerdings für äußerst fragwürdig und kann dies nicht als Erfolg der Tierschutzbewegung werten.
Frage der Redaktion:
Antwort von VA:
Das für den Kreis Groß-Gerau zuständige Veterinäramt konnte durch einen von mir unterstützten Antrag personell verstärkt werden. Häufige Kontrollen der Tierhaltungsbetriebe sind unerlässlich.
Jährlich zum 1. Februar erfolgt seit 2014 unverändert eine Auszahlung des Kreises an das Tierheim Rüsselsheim in Höhe von 19.000 Euro und an das Tierheim Gernsheim von 7.000 Euro. Damit einher geht die Verpflichtung, Kleintiere und (eher ungefährliche) Exoten, die vom Veterinäramt übergeben werden, aufzunehmen und zu pflegen. Diese Initiative hatte ich vor gut acht Jahren angeregt. Ebenso beantragte ich eine zusätzliche Corona-Hilfe für Tierheime und die Gerauer Fasanerie, was durch den Kreistag schließlich beschlossen wurde. So erhielt das Tierheim Rüsselsheim 12.500 Euro, das Tierheim Gernsheim 5.000 Euro und die Fasanerie 7.500 Euro.
Frage der Redaktion:
Antwort von VA:
Ein von mir kürzlich initiierter Fragenkatalog zum Kreis-Tierbeirat, gerichtet an den Kreisausschuss, brachte nichts Überraschendes zutage. Ohne eine paritätische Besetzung bei den Beiratsmitgliedern, wie es von mir gefordert wird, bewegt sich wenig in die Richtung, die ich mir wünschte.
Frage der Redaktion:
Antwort von VA:
Das immense Tierleid in unserer heutigen Welt ärgert mich schon deswegen, weil es vermeidbar wäre: Pelztierzucht, Tierdressuren in Zirkussen, versklavte Tiere, Tiersammlung, Zoophilie, Industrielle Tierausbeutung, Gänserupfen für Bettfedern, Tierquälerei aus Tradition, Tierversuche, miserable Tierhaltung und vieles, vieles mehr.
Weit über ein Jahrzehnt schon publiziere ich regelmäßig in einem Fachmagazin, das im Rhein-Main-Gebiet vertrieben wird. In jeder Ausgabe behandele ich ein anderes Thema zu dem durch Menschen verursachte Leid der Tiere. Allein daran ist zu erkennen, wie umfangreich sich die Forderung nach Tierrecht darstellt.
Für praktikablen Tierschutz wird in der Regel angeraten, anstatt Bodenhaltungseier solche aus
der Freilandhaltung zu bevorzugen. Wer sich nach dem Tierwohl-Label richtet, tut beim Kauf scheinbar etwas Gutes fürs Tier. Zoobesuche würden das Tierverständnis fördern. Die Liste zum Sich-besser-fühlen ist lang. Aus der Sicht eines Tierrechtlers ist das aber bestenfalls das kleinere Übel.
Wer wirklich Tierleid mindern möchte, soll seine Gewohnheiten ändern und Tierprodukte – ohne Ausnahme - meiden.
Wer darüber hinaus etwas verändern möchte, damit das gemeinsame Dasein von Mensch und Tier ein Stück weit gerechter wird, soll sich in entsprechenden Organisationen engagieren und/oder politisch aktiv werden.
Tierrechterfolge sind nichts Kurzfristiges. Um eine ungerechte Welt auf den Kopf zu stellen, damit sie zu einer besseren wird, braucht es einen langen Atem.
Als vor drei Monaten die mir zugelaufene Katze von einem Auto überfahren wurde und schlimme Verletzungen davontrug, rieten mir alle, die ich befragte, sie „einschläfern“ - also ermorden – zu lassen. Besonders als bekannt wurde, wie hoch die Rechnung für eine Operation ausfallen würde, war der Ruf nach Ent-Sorgung groß.
Für mich ist es ein Unmögliches, eine Beauftragung für die Tötung eines Mitlebewesens mit meinem Gewissen vereinbaren zu können. Des weiteren würde ich niemals ein Leben gegen eine Geldsumme in die Waagschale legen.
Der Katze geht es seit einigen Wochen augenscheinlich sehr gut.
Und eben dies macht den Unterschied aus.
< Ende der (von Zeitungsverlagen angeforderten) Textbeiträge zur Publikation im Januar 2022 >
>>> Presseausschnitte chronologisch: